Schneelastmessung (SLM)
Experten sind sich einig. Die Klimaveränderung bringt wärmere Sommer und kältere schneereichere Winter mit sich. Allein im Jahr 2010 kam es zu 15 winterbedingten Schneeeinsätzen des St. Wendeler THW-Ortsverbandes.
Ein großer Teil dieser Einsätze bildete das Räumen von Flachdächern, auf denen der viele Schnee die maximale Traglast des Daches erreichte. Oft steht der Anforderer vor der Frage: Ab welcher Schneehöhe ist das Dach einsturzgefährdet?
Unterstützend hierzu kann der THW-Ortsverband St. Wendel seit 2012 auf eine sogenannte Schneelastmessung (SLM) zurückgreifen.
Was ist die Schneelast-Messung?
Das Schneelast-Messsystem besteht aus Ausstech-Rohren unterschiedlicher Länge, einer Digitalwaage sowie einigen Kleinmaterialien. Herzstück ist ein PC-System, welches mit Hilfe der Messdaten eine prozentuale Auslastung des Daches errechnet.
Wie wird gemessen?
Vor dem eigentlichen Messvorgang muss der THW-Baufachberater eine Checkliste abarbeiten, die unter anderem folgende Punkte beinhaltet: Schneeart (Neuschnee, DIN-Schnee, Alt-Schnee, Eis-Schnee, …), Bauart des betroffenen Gebäudes, Schneezone, Gefahren. Zudem muss eine ungestörte Referenzmessung am Boden erfolgen.
Das Messen erfordert Konzentration und Präzision. An mindestens drei ungestörten Punkten wird mit Hilfe eines Rohrs die Schneehöhe abgetragen. Dies geschieht durch das senkrechte Reindrücken bis auf den Boden. Diese Höhe wird gemessen und der Schnee mit einer Digitalwaage gewogen. Die Daten werden in ein dafür speziell hergestelltes PC-Programm eingegeben. Das Programm errechnet die prozentuale Auslastung des Daches und somit die Resttragfähigkeit. Zudem können aus dem Programm diverse Sicherheiten rausgerechnet werden oder aber auch eine Wettervorhersage eingerechnet werden. Es kann ebenso eine Eisschicht (durch zwischenzeitliches Tauwetter) oder aber auch Wasser berücksichtigt werden (etwa bei Inaktivität des Ablaufs).
Wichtig: Mit Hilfe des Systems kann das THW nur eine Empfehlung aussprechen!
Was tun, wenn das Ergebnis feststeht?
Die Einsatzleitung entscheidet zusammen mit dem Eigentümer, ob das Gebäude gesperrt, das Dach geräumt oder nichts unternommen wird. Dadurch entsteht eine zusätzliche Sicherheit für die Eigentümer sowie die Einsatzkräfte.
Was passiert, wenn geräumt werden muss?
Die Helfer betreten nur mit einer Absturzsicherung (meistens Gurte, gesichert an einem Kran) das Dach. Zudem darf nur eine bestimmte Anzahl an Personen auf das Dach, um eine zusätzlich große Last zu vermeiden. Eine Räumtaktik in Streifen erspart meistens das Räumen des kompletten Dachs. Vorsicht ist geboten bei Photovoltaik und Mobilfunkmasten. Das Räumen von Eternitdächern wird meistens auf Grund der Instabilität und Stolpergefahr abgelehnt. Die Schneemassen werden mit Schippen und/oder Schubkarren zum Gebäuderand transportiert.
Wer bedient das System?
Der Baufachberater Thomas Rahn des THW-Ortsverbandes St. Wendel und seine geschulten Helfer (Trupp). Alle Helfer sind ausschließlich ehrenamtlich beim THW und gesondert geschult auf diese Einsatzoption. Ohne den Baufachberater kann die Messung nicht erfolgen.
Zur Person Thomas Rahn:
Studierter Diplom-Bauingenieur – gelernter Straßenbauer – Tätigkeit als Tragwerksplaner, im THW-Ortsverband St. Wendel seit 1994.
Was macht der Baufachberater noch?
Der Baufachberater berät die Einsatzleitung, meistens Feuerwehr, in allen bautechnischen Fragen: Einschätzung von Gebäudestruktur und der Resttragfähigkeit, Taktisches Vorgehen bei Ortungs-, Rettungs- und Abstützaufgaben, Festlegung von sog. No-Go-Areas, Überwachung der Gebäudestruktur und der Einsatzkräfte. Einsatzmittel: Einsatzgerüstsystem, Abstütz-System Holz, Einsatz-Sicherungs-System, Schneelastmessung, Crack Distance Monitoring.
Wer kann das THW für eine Messung anfordern?
Jeder Hauseigentümer kann im Zweifelsfall die Feuerwehr über den bekannten Weg alarmieren. Diese entscheidet dann über die Anforderung des THW. Die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr ist im Raum St. Wendel seit langer Zeit vorbildlich.
Wo gibt es die Schneelast-Messung?
Im Kreis St. Wendel nur beim THW-Ortsverband St. Wendel. Saarlandweit verfügen zudem die Ortsverbände Saarwellingen und St. Ingbert über eine solche Ausstattung. Ursprung hat das System im nordrheinwestfälischen Witten. Ein Diplom-Bauingenieur hat es entworfen. Das THW will in naher Zukunft deutschlandweit das System flächendeckend einführen.